Erstellt: 11. September 2014

Nun ist es also passiert; Altrocker Lindenberg wurde mit einer E-Zigarette fotografiert. Kürzlich erst stand Udo noch, wohlpräpariert mit Cohiba, im Rauch seiner Piramides zu Leipzig auf der Bühne, und nun das. Der Arzt hätte ihm dazu geraten, heißt es, und nun hat der einst lebensfrohe Barde Panik bekommen. Der Weg hätte ein anderer sein können; Maß halten, statt später Übermäßigung. So wie er es bei den Schnäpsen ja auch geschafft hat. Nun ist der Gute auch so ein armes Würstchen, dem Verdampfer näher als der Glut. Wenn es nicht mehr gelingt, die Gedanken von der näher rückenden Kremation abzuwenden, dann wird gern ein bißchen an die Gesundheit gedacht. Und der Kreis jener Menschen, die unerklärlicherweise ihre Gesundheit mit elektrischer Suchtbefriedigung gleichsetzen, scheint zu wachsen. Zunächst habe ich diese Inhalierer ja für Alkoholabhängige gehalten, die verstohlen aus Flachmännern saufen, bis ich merkte, daß diese Spezies nur den aromatisierten Dampf aus Inhalatoren saugt. Ich gebe zu, es fällt mir schwer, ernst zu bleiben, wenn ich beobachten muß, wie sie die Plastikdinger mehr oder weniger verstohlen außer Sicht halten, bevor sie den Gesichtsschädel in Richtung Erdboden senken, um den nächsten Hieb aus der Lulle zu nehmen. Das Geschmackserlebnis dürfte dabei von untergeordneter Bedeutung sein. Gewiss, es gibt die Möglichkeit, sich seine Alkaloide und Ester mit Himbeere, Kirsch oder Banane aufzupeppen. Und dabei wird es nicht bleiben. Intime Kenner der Szene munkeln bereits von Leberwurst, Hering und russischen Fußlappen. Perspektivisch interessant; der künstlich nachgebaute Duft eines geliebten Menschen oder Haustieres. Genial für Schweinezüchter. Oder ganz häuslich: Bello am Gaumen und Oma in der Nase, welch ungeahnte Möglichkeiten! Tolerant und höflich wie wir sind, nehmen wir es hin. Für uns lehnen wir es ab. Hinterm Horizont qualmt’s weiter.