Erstellt: 10. Januar 2014

Einige meiner Kunden betreiben das Waidwerk, doch soviel ich weiß, ist nur einer von ihnen im Hauptberuf Förster. Für jeden erfolgreichen Hegeschuss belohnt er sich mit einer großkalibrigen Havanna. Sagt er jedenfalls. Ich zweifle nicht an seinen Worten, denn einmal war er mehrere Monate nicht im Geschäft gewesen. Ich wähnte ihn bereits als Opfer eines finalen Jagdunfalls, als er doch wieder erschien und kundtat, er sei beim Abschmücken des Weihnachtsbaumes mit dem rechten Zeigefinger verunfallt. „Verstehen sie?“, hatte er geraunt und dabei verschwörerisch geblinzelt, „Den Zeigefinger braucht man einfach.“ Klar verstand ich. Als Großstadtbewohner hingegen sieht man die Leute öfter ihre Mittelfinger gebrauchen; allerdings nicht zum Abdrücken. In Ermangelung eigener Erfahrungen im blutigen Getümmel mit heimischem Getier berichtete ich dem Forstmann, daß ich immerhin einmal versucht hatte, die Schwarzkittel im Wildpark zu füttern. Als ich mitten im tiefsten Winter und meiner Sache absolut sicher, der Rotte meine liebevoll gesammelten Bestände an Brotresten serviert hatte, waren meine Erwartungen jedoch bitter enttäuscht worden. Die Tiere schnoberten nur verächtlich und ignorierten mich samt meiner Spende. „Da kann man nix machen“, kommentierte der Förster meine Erzählung. Dabei sah er mich an, als hätte ich, der verschmähten Wohltat wegen versucht, ihn zum Niederknallen der kommunalen Schweinebande zu dingen. Jener Förster scheint also rein beruflich ein Exot unter der Kundschaft zu sein, und sind denn weitere dieses edlen Berufsstandes darunter, mögen sie sich getrost zu erkennen geben. Ich treibe keinen Jagdfrevel, säge nicht an Jagdkanzeln und rauche bei Waldbrandgefahr nicht im Tann. Auch wenn es mehr Bäume als Ärzte gibt, so gibt es doch mehr Ärzte als Förster. Einem der sich beruflich mit Schwarzkitteln beschäftigt, steht eine Vielzahl an Weißkitteln gegenüber, mit der ich mich beruflich zu beschäftigen habe. Humanmediziner sind ein genußfähiger Stand. Vorausgesetzt, sie haben jenes berufliche Stadium überwunden, in dem es für sie neben der Arbeit nur den Schlaf gab. Der Dermatologe gibt dem Gynäkologen die Tür zum Klimaraum in die Hand, in unserer Beletage fachsimpeln Allgemeinmediziner beim Duft von Madurozigarren. Internisten, Chirurgen, Dentisten, Herz- und Hirnspezialisten, Radiologen, Forensiker und sogar ein humorvoller Proktologe lassen ihre hier erfüllbaren Wünsche diagnostizieren, sich beraten, einstellen und verlassen das Geschäft voller Vorfreude mit erlesenen Genußmitteln im Gepäck. Jüngst grüßte ein Herr, der gerade für eine Auswahl an erstklassigen Zigarren bezahlte, eine Frau, die darob ein Gesicht zog, als sei sie ihrem Beichtvater im Swingerklub begegnet. Es stellte sich heraus, dass der Zigarrenkäufer der HNO-Arzt ihrer Tochter war. „Sie als Arzt rauchen Zigarren?“, fragte die erstaunte Dame. „Eben darum“, entgegnete er freundlich und sah dabei mild lächelnd auf die beiden gerade erworbenen Zigarettenschachteln, welche die Frau in ihre Handtasche schob.