Erst Nichtraucherschutz. Nun Überall Sexismus. Selbst die soeben in genießerischer Unschuld gezündete Zigarre wird von ZigarettenkosumentInnen am Nachbartisch als Phallussymbol geoutet, als Angriff auf das andere Geschlecht gewertet. Überall Sexismus. Wo man auch hinschaut und hinhört. Tiefe Ausschnitte, Hot Pants, High-Heels einerseits, anzügliche Bemerkungen, Herrenwitze, Gegrabsche und FDP andererseits. Was bedeutet es für Herrn Brüderle eigentlich, wenn Guido Westerwelle hinter ihm steht? Oh weh, nun ist es heraus; es erwischt inzwischen nicht einmal nur die Schnuckeligen. Auch Mitmenschen von eher unterdurchschnittlicher Anziehungskraft werden gnadenlos mit ihrer geschlechtlichen Rolle konfrontiert. In vorderster Front der Täter: Politiker. Genauer; angetrunkene Politiker. Noch genauer; alte angetrunkene Politiker. Niemand indes denkt daran, dass gerade betagte alkoholisierte Politiker selbst auch sehr leicht zum Opfer werden könnten. Man stelle sich vor, ein halbes Dutzend notgeiler Journalistinnen kreischend und geifernd vor der Hotelzimmertür eines verängstigten Politikers im fortgeschrittenen Lebensalter. Schweißüberströmt, das vordem noch im Bundestag protzig gegraulte Gemächt angstvoll auf Erbsengröße geschrumpft, spürt er tödliche Hitze in den Bypässen. Vor seinen Augen läuft der Lebensfilm ab. Und die Polizei kommt ja sowieso immer erst, wenn alles zu spät ist. Ganz üble Geschichte. Da weiß man doch gleich, warum bestallte Funktionäre sich von bewaffneten Leibwächtern begleiten lassen. Selbst die Geronten des DDR-Politbüros mussten dereinst in Limousinen chauffiert werden, in denen sie sich mittels verdunkelter Scheiben und dicht schließender Vorhänge vor den Karriere- und Hormonambitionen ihrer weiblichen Untertanen versteckten. Safety first. Wenn es sogar Frau Schwarzer schon mal erwischt haben sollte, so scheint bisher einzig die bestbewachte Frau der Republik von Übergriffen sexistischer Art verschont geblieben zu sein. Obwohl; ihre Knutschorgien mit Bush, Sarkozy und Mubarak - Despoten, die indessen vom Sturm der Geschichte davon gewirbelt wurden, sind Legende. Breshnew und Honecker würden vor Neid erblassen. Dafür ging es mit Putin eher zurückhaltend zu. Der hat sich inzwischen einen französischen Schauspieler zum Busseln geholt.
Sexismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Was soll der arglose Tagesschaukonsument eigentlich tun, wenn ihm plötzlich nackte Möpse aufs Auge gedrückt werden? Blankgezogen wird inzwischen global. Ob im australischen Dschungel oder an der Copacabana, vorm weißrussischen Parlament, beim Gipfel von Davos, in der Hamburger Herbertstraße und vor der Milchviehanlage von Hinterwaldstetten, überall protestieren barbusige Femen, was das Zeug nicht mehr hält. Auch wenn ich im Grunde froh darüber bin, daß es keine Männer sind, die es wackeln lassen, mag ich inzwischen nicht mehr recht hinsehen. Immer nur Titten ist langweilig. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis auch die letzten Tabuzonen in die Kameras gereckt werden. Noch sind es vorzugsweise Privatsender, in deren Veranstaltungen mit Körperflüssigkeiten gespritzt wird, doch nach den Placementvertragsorgien um eine bekannten Fernsehshow wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis auch die Öffentlich Rechtlichen mitmachen lassen. Schon gewährte Florian Silbereisen zur besten Samstagabendsendezeit seinem greisen Publikum freudig Ausblicke auf seine mehr oder weniger gefüllte purpurne Unterhose; doch das ist noch gar nix. Der Moderator der Zukunft wird wohl, wie einst Struppi, schwanzwedelnd vor sein Publikum treten, und es raten lassen, was da hinten bei ihm rumort; A) die elektrische Putzifix-Zahnbürste B) eine Champagnerflasche Don Champignon mit elektronisch gesteuerter Dosiervorrichtung oder C) der neue Anna L.-Intruder. Da lobe ich mir den guten alten Sigi Freud. Bei dem hatte zwar verdammt vieles mit Sex zu tun, doch er meinte auch: „Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre.“ Scheiß auf die IdiotInnen vom Nachbartisch.