CONDORs Columne 35: NICHT NUR FÜR SIEGER
Erstellt: 24. November 2020
Die Zigarre ist eine der schönsten Gewissheiten dafür, daß man lebt. Man kann sie früher oder später, hier oder dort und aus den verschiedensten Gründen genießen. Man kann sie vermissen, sich nach ihr sehnen.
Sieger zeichnen sich mit ihr aus; als Siegerzigarre ist sie das Symbol absoluten Triumphes schlechthin. Allerdings niemals im entscheidenden Moment, sondern stets in der Konsequenz seiner Vollendung. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Denn die Zigarre erfüllt ihre Rolle nicht im Augenblick scheinbarer Vollendung. Selbst bei einem Quirl wie Maradona ist ja unvorstellbar, dass die Hand Gottes justament eine großkalibrige Havanna hätte halten können. Kennedy nuschelte auch nicht mit einer Upmann zwischen den Zähnen "Isch bän eeiiin Bäärrrliner", und Buzz Aldrin sprach den denkwürdigen Satz "Das ist ein kleiner Schritt für einen Mann, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit", auch nicht mit einer Puro im Mund. Die tatsächliche Vollendung ist vielmehr der Genuß der Zigarre selbst, denn das Gute kommt, falls überhaupt, immer zuletzt. Auf den entscheidenden Moment, folgt der eigentliche Triumph. In ihm bekommt die Zigarre ihren Auftritt. Sie belohnt den, der sie zu lieben gelernt hat, denn sie ist bestmöglich in der Lage, die Sekunden des Glücks in Stunden, gefüllt mit Ahnung von Ewigkeit zu verwandeln. Um im Bild zu bleiben: Dem Glücklichen schlägt keine Stunde.
Was aber wäre denn, wenn dieser oder jener von uns sich einfach eine gute Zigarre gönnen würde, ohne zuvor irgendwo irgendwas gewonnen, das Weltklima gerettet, die Kernfusion bewerkstelligt, das Corona-Virus besiegt oder zumindest Scarlett Johansson beglückt zu haben? Ist das nicht eine fabelhafte Idee?
Wie bitte? Ach was, das machen Sie schon die ganze Zeit so? Na dann; weiter so und nix für ungut. Man lernt ja nie aus.